Österreich
entfernt
|
Haidenspitze 2.975 m
Quelle: DAV Sektion Pforzheim, Autor: Bruno Kohl
Beschreibung
Das Gipfelkreuz der Haidenspitze und das wunderbare Panorama auf dem exponierter Aussichtsgipfel ist immer einen Aufstieg wert.
Video vom Gipfelgottesdienst 2009.
Pforzheimer Hütte: http://www.alpenverein-pforzheim.de/pages/huetten/pfhuette_info.html
Anlässlich des 100. Geburtagstag von Frau Ruth Witzenmann hat die DAV Sektion Pforzheim dieses Gipfelkruez errichtet.
Pforzheimer Alpenvereinssektion errichtet Gipfelkreuz auf der Haidenspitze
Vorher war es irgendein Gipfel - jetzt ist es ein ganz besonderer. Die Haidenspitze. Nicht weil sie besonders hoch wäre - nein, mit ihren 2975 Metern nimmt sie sich im Reigen der Alpenriesen eher bescheiden aus. Auch die Besteigung ist nicht besonders schwierig. Und die Form kommt nicht annähernd an die Eleganz des Matterhorns heran. Was also ist es, das den Berg im österreichischen Sellraintal so besonders macht? Es ist das Gipfelkreuz, das seit Anfang Juli den Gipfel ziert. Außergewöhnlich ist nicht, dass es dort oben steht - schließlich steht auf unzähligen Bergen ein Kreuz. Ungewöhnlich ist die Geschichte, wie es dort hingekommen ist.
Da steht es nun. Spitz reckt es seine Edelstahlkanten in den Tiroler Himmel. Nach Tradition sieht es nicht unbedingt aus. Dreieckig, modern soll es dem peitschenden Wind, der glühenden Sonne und dem eisigen Schnee trotzen. Hinauf gebracht hat es eine achtköpfige Mannschaft aus der Pforzheimer Sektion des Deutschen Alpenvereins (DAV).
"Das war ein Mammutprojekt, das ich nicht jedes Jahr haben muss", lacht Bruno Kohl, der beim Kreuzbau Regie führte und als neuer Hüttenreferent der Sektion gerade die Verantwortung für die Pforzheimer Hütte (Adolf-Witzenmann-Haus) übernommen hat. Die steht knapp 700 Höhenmeter unterhalb des neuen Kreuzes - "aber wenn die Sonne drauf scheint, sieht man das Lichtspiel bis hinunter auf die Terrasse", schwärmt der 59-jährige Pforzheimer.
Die gut drei Meter hohe Konstruktion an ihren Platz zu bringen, war allerdings ein Kraftakt. "Abenteuer pur", sagt selbst der erfahrene Bruno Kohl, der schon etliche schwere Bergtouren auf dem Buckel hat. Der erste Versuch, das Kreuz an seinen Platz zu bringen, scheiterte. "Das Wetter war katastrophal und es lag noch so viel Schnee, dass schon der Aufstieg fast unmöglich war", schildert Bruno Kohl die Verhältnisse Ende Juni. An den Bau eines Betonfundaments am Gipfel war gleich gar nicht zu denken. Wohl oder übel musste Bruno den Termin um gut zwei Wochen nach hinten verschieben. Keine leichte Entscheidung, hatten doch die Helfer - allesamt ehrenamtlich im Einsatz - bereits Urlaub genommen.
Doch der Reiz war groß genug - zwei Wochen später stand die Truppe wieder parat. "Dabei zu sein, wenn so ein Kreuz aufgebaut wird, gehört bergsteigerisch sicher mit zum Beeindruckendsten, was man erleben kann", sagt Kohl. Also machte er sich Anfang Juli mit Bernd Reister, Bernhard Zelinka, Christoph Senger, Gerhard Siebenborn, Joachim Bott, Thomas Thomsen und Klaus-Dieter Schotte samstags auf den Weg nach Österreich. Die Steigeisen an den Füßen, Hammer, Meißel, Schaufel, Bauholz und Wasserwaage im Gepäck ging's am Sonntag erstmals zum Gipfel, um die Grube fürs Fundament auszuheben. Am Montag teilte sich das Team. Die Hälfte stieg erneut zum Gipfel, die andere ins Tal, um den 80 Kilogramm schweren Sockel und das 70 Kilogramm schwere Kreuz für den Helikopterflug zur Haidenspitze vorzubereiten. Doch vergebens, der Heli kam nicht. Zu dicht die Wolken, zu stark der Wind. Das Gipfelteam wurde per Handy zur Hütte zurück beordert. Wieder warten. Die Erlösung am Dienstagmorgen: Klarer, blauer Himmel. Der Heli kommt, sammelt Kreuz und Sockel im Tal sowie vier Helfer an der Hütte ein und bringt sie in Minutenschnelle dorthin, wo sonst üblicherweise ein zweieinhalbstündiger Fußmarsch hinführt: zum Gipfel. Aber noch ehe der Hubschrauber den Beton hinauf fliegen kann, hüllt sich die Haidenspitze wieder in Wolken. Es reicht gerade noch, die Pforzheimer "Bauarbeiter" wieder im Joch unterhalb des Gipfels aufzusammeln und zur Hütte zu bringen.
Ernüchterung macht sich breit - aber Bruno Kohl gibt sich nicht geschlagen. Um 18 Uhr reißt es wieder auf. Viel Zeit, über eine Entscheidung nachzugrübeln, bleibt nicht. In einer Blitzaktion lassen sich Thomas Thomsen und Bruno Kohl auf den Gipfel fliegen. "Das war schon abenteuerlich. Der Heli konnte ja nicht landen und so setzte er lediglich mit einer Kufe an der Bergkante ab und wir mussten rüberklettern", erzählt Bruno Angst? "Nein, das lief alles hochprofessionell ab. Nur einmal, als er uns aufgelesen hat und sich dann plötzlich steil über die Kante wegsacken ließ, da wurde einigen von uns schon mulmig", sagt Bruno, der in den Bergen zum ersten Mal die Dienste eines Hubschraubers in Anspruch nehmen musste.
Während also die Gipfel der Stubaier-, Lizumer-, Pitztaler- und Ötztaler Alpen sowie in die Mieminger Kette und des Karwendel rund herum im Licht der untergehenden Sonne glühten, warteten Kohl und Thomsen auf den heiß ersehnten Beton: "Da saßen wir dann, ohne Essen, ohne Trinken." Letztendlich zahlte sich aber die akribische Vorarbeit des Teams aus. Gegen 21 Uhr war der Sockel betoniert, und zu Fuß machen sich die Beiden in der hereinbrechenden Dunkelheit auf den knapp zweistündigen Abstieg zur Hütte.
Zwei Tage später steigt das Team gemeinsam auf. Die auf dem Gipfel zwischengelagerte Kreuzkonstruktion wurde aufgerichtet. Sockel und Kreuz passte auf Anhieb. Wettarbeit zahlt sich aus und mit der bekannten Präzision wurden die Blitzableiter in den Berg eingearbeitet und die Schrauben mit den wunderbar verzierten Unterlegscheiben von Hans Deeg hergestellt und vom Team montiert.
Bruno preist in einer kurzen Ansprache "den Frieden und die Ruhe, die man hier oben finden kann", packt die Liederbücher aus, gemeinsam singt man "Kein schöner Land". Für sein Gefühl in diesem Moment findet er nur ein Wort: "Bewegend" und die Gedanken und Worte schließen ein, dass diese Momente nur Möglich sind durch den 64-jährigen Frieden in Zentraleuropa, für den es sich lohnt hart zu Arbeiten.
Was bewegt/leidet einen Menschen, wenn er sich einem solchen Projekt realisiert?
Wenn er es mit Freude und Hingabe angeht und seine traditionellen Wurzel unserer christlichen Gesellschaften freien Lauf lässt, werden Ihm viele Ideen durch den Kopf gehen. Wir leben in einer Zeit wo zwar alles machbar erscheint, aber nicht selbstverständlich ist. Es ist ein Geschenk sein Leben mit den unterschiedlichsten Anforderungen zu leben. Vom Geist der Dankbarkeit wurde das ganze Team getragen Dies war für uns die größte Freude das Gipfelkreuz gemeinsam zu errichten.
Doch schnell weicht der träumerische Blick des Hüttenreferent des Adolf-Witzenmann-Hauses einem schelmischen Grinsen: "Jetzt können die Wanderer kommen."
Text von Sven Bernhagen (Schriftführer) und Bruno Kohl (Hüttenreferent)
Juli 2009
Infos zum Gipfelkreuz
Mit dem Gipfelkreuz auf der Haidenspitze wird die Erinnerung an die Familie wach gehalten, die das Bergsteigen in Pforzheim maßgeblich gefördert und begleitet hat: Die Familie Witzenmann. Die Idee zur Errichtung eines Kreuzes entstand in der Sektion Pforzheim anlässlich des morgigen 100. Geburtstags von Ruth Witzenmann. Sie ist die Witwe von Dr. Walter Witzenmann, der als einer der zwölf Apostel zu den Mitbegründern des Deutschen Alpenvereins nach dem Zweiten Weltkrieg gehörte. Bis zu seinem Tod im Jahr 2004 war Walter Witzenmann 60 Jahre lang Vorstand der knapp 3000 Mitglieder starken DAV-Sektion Pforzheim. Seine Witwe ist noch heute eine große Gönnerin des Vereins. Besuchen können wird sie ihr Kreuz nun nicht mehr - zu beschwerlich wäre der Weg. In Pforzheim wurde ihr das Original-Kunstwerk vor dem Abtransport nach Österreich allerdings noch präsentiert, worüber sie sich sehr freute. Zu ihrem Geburtstag wird ihr nun ein etwa 50 Zentimeter großes Modell des Kreuzes überreicht werden, das in der Lehrwerkstatt der Firma Witzenmann gefertigt wurde.
Am Original waren Bruno Kohl und seine Mitstreiter der Alpenvereinssektion Pforzheim rund ein halbes Jahr mit der Planung und dem Bau beschäftigt. Gut 300 Stunden Arbeit investierten sie in die Arbeit. Gefertigt wurde das Edelstahlkreuz bei der weltweit renommierten Pforzheimer WITZENMANN GmbH vormals Metallschlauchfabrik Pforzheim, die das Projekt großzügig unterstützt hat.
Am Samstag, 8. August 2009, wird nun Hüttenwirtin Ingrid Penz auf der 2308 Meter hoch gelegenen Pforzheimer Hütte (Adolf-Witzenmann-Haus) bei Innsbruck alle Hände voll zu tun haben. Dann nämlich wurde das Kreuz im Rahmen einer Bergmesse auf dem Gipfel geweiht werden. Rund 200 Besucher haben sich hierfür bereits angemeldet. Auch aus der Sektion Pforzheim wird eine 30 bis 60 Mann starke Abordnung mit von der Partie sein.
Sven Bernhagen
Weitere Infos zur Sektion/zur Pforzheimer Hütte: www.alpenverein-pforzheim.de