5322 Hof bei Salzburg, Österreich
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Kirchbichl Hof
Quelle: Salzkammergut - BergeSeen
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Beschreibung
Am Kirchbichl-Hof wurde in früheren Tagen Gericht (=Taidinge) abgehalten.
Geschichtliches zum Thema Gericht: Die einstige Burg Wartenfels wurde um 1260 erbaut. Sie diente, wie ihr Name ausdrückt, als Grenzfestung. (Salzburg kam ja erst 1816 zu Österreich, vorher war unser Land von Oberösterreich durch eine Staatsgrenze getrennt!) Bis ungefähr 1600 war Wartenfels Sitz des Pflegers (Haas, 1979, Seite 34), eines vom Erzbischof eingesetzten hohen Beamten, der sowohl als Richter als auch oberster Verwalter, Militär- und Polizeikommandant für den gesamten Gerichtsbezirk verantwortlich war. Wahrscheinlich zu Beginn des 17.Jahrhunderts übersiedelte der Pfleger nach Thalgau, ab da verfiel die Burg. Vor 1848 gab es noch keine Ortsgemeinden, der Gerichtsbezirk gliederte sich in einzelne „Rügate“ (von rügen = richten, ordnen). Zum Pflegegericht Wartenfels gehörten zwölf Rügate: Elsenwang (der Großteil unserer heutigen Gemeinde Hof), Schroffenau, Thalgau-Dorf, Vetterbach, Thalgauberg, Enzersberg, Fischerweng, Thalgauegg, Fuschl, Faistenau, Tiefbrunnau und Hintersee. Schon im Mittelalter nannte man diesen Hof den Kirchbichlhof, er war Stammsitz des Adelsgeschlechtes der Kirchbichler (in alten Urkunden: Kirchpüchler). An dieser Stelle fanden früher, als Salzburg noch ein selbstständiges, geistliches Fürstentum war, Gerichtsverhandlungen statt, sogenannte Taidinge (von „Ding“ = Gericht, Taiding = Tag des Gerichtes). Der Sage nach soll es von hier nach Wartenfels einen unterirdischen Gang gegeben haben – wohl ein Hinweis auf die enge Verbindung der Richtstätte zum Ansitz des Richters. Wie spielten sich solche Gerichtstage ab? Es gab sie jährlich meistens zweimal (Haas, 1976, Seite 34): zu Georgi (23 .April) und Martini (11. November), alle Männer waren zur Teilnahme verpflichtet. Die Verhandlungen wurden grundsätzlich im Freien abgehalten. Man stellte in der Mitte einen Tisch sowie mehrere lange Bänke auf und umgab sie mit Schranken, dieser abgegrenzte Platz hieß Schranne. In Kirchbichl könnte dies an jener Stelle gewesen sein, die heute durch eine Hauskapelle und eine Linde besonders hervorgehoben wird. Zuerst betrat der Pfleger – als höchster Repräsentant des erzbischöflichen Landesherrn - die Schranne und nahm am Tisch Platz. Rundherum, aber außerhalb der Schranken, versammelte sich das Volk und wählte 12 - 14 „Rechtssitzer“, auch Rügatmänner genannt. Diese nahmen ebenfalls auf den Bänken Platz und wählten nun ihrerseits aus ihrer Mitte den „Vorsprech“ (= Rechtssprecher, Dopsch u. Spatzenegger, Seite 903). Ein Gerichtsdiener überprüfte, ob alle Geladenen anwesend waren und erstattete dem Pfleger Bericht, worauf dieser als Vorsitzender die Verhandlung für eröffnet erklärte. Als Erstes musste der Vorsprech gezielte Fragen des Pflegers beantworten, um den Versammelten die geltenden, mündlich überlieferten Rechtsbestimmungen in Erinnerung zu rufen. Anschließend wurden meistens die Namen jener Bauern aufgerufen, die mit Steuern und Abgaben im Rückstand waren. Nach Klärung dieser Fragen kamen weitere Maßnahmen zur Sprache: beabsichtigte Hofübergaben, Pachtverträge, Einberufungen zum Wehrdienst, ... Breiten Raum nahmen natürlich Rechtsstreitigkeiten ein. Jeder Anwesende durfte Fragen stellen, Kritik üben oder Anklage erheben. Meist ging es um sogenannte „Gemeinfälle“ (niedere Gerichtsbarkeit) wie Besitzstreitigkeiten, Grundstücksgrenzen, Weiderechte, nicht bezahlte Schulden, kleine Diebstähle und Raufhändel. Das Pflegegericht Wartenfels war aber, im Gegensatz zu vielen kleineren Gerichten, auch für „Malefizfälle“ (Schwerverbrechen) zuständig. Dazu gehörten neben Mord, Totschlag, Raub, Notzucht und Brandstiftung auch Fahnenflucht, Rebellion, Zauberei, Schatzgräberei, Schmuggelei (Mondsee und Bad Ischl lagen ja schon im Ausland!), Wilderei, Ehebruch und „Fornifikation“ (vorehelicher Geschlechtsverkehr). Schlüsselfigur bei der Urteilsfindung war nicht der Pfleger, sondern der Vorsprech. Er unterbreitete den Rügatmännern einen Vorschlag, welches Urteil gefällt werden sollte. Waren diese einverstanden, fragte der Vorsprech auch die Versammelten um ihre Meinung und erst mit deren Zustimmung wurde das Urteil verkündet. Bei Malefizfällen konnte der Verurteilte beim Pfleger oder beim Hofgericht in Salzburg Berufung einlegen. Auch Todesurteile wurden vom Pflegegericht Wartenfels verhängt und exekutiert. Zur Vollstreckung kam ein Scharfrichter aus Salzburg. Über einen von ihnen – Franz Joseph Wohlmuth - sind wir besonders gut informiert, da er während seiner langen Amtszeit (1757 – 1817) genau Tagebuch führte. Diesen Aufzeichnungen kann entnommen werden, wie oft Herr Wohlmut mit Verurteilten aus unserer Gegend beschäftigt war: acht Hinrichtungen mit dem Schwert, einmal Prügelstrafe, vier Personen mussten an den Pranger gestellt werden und viermal waren Leichen von Selbstmördern zu begraben. Dies geschah in einem Zeitraum von 60 Jahren, es gab also relativ wenig Malefizfälle. Nach mündlicher Überlieferung befand sich die Hinrichtungsstätte hoch oben am Thalgauberg, nahe der österreichischen Grenze. Der Bauernhof dort heißt bis heute Scherntann (von Schergentanne). Alte Leute erzählten noch 1976 von einem „Arme-Sünder-Weg“ und verwitterten Marterln. (Haas, 1976, Seite 34).
Kontakt
Karte
Öffnungszeiten
Im Rahmen von geführten Touren kann der Hof besichtigt werden.